Migrationskommission tagte - Dr. Amir Hadeed: "Ein rassistisches Gesetz"

16. September 2014
von Redaktion

Flüchtlinge Demonstrieren vor dem Nds. Landtag
Niedersachsen/Hannover
. Die für den Landtag tätige 'Kommission zu Fragen der Migration und Telhabe' wurde u.a. von der Landesregierung über die aktuellen Entwicklungen im neuen Gesetzentwurf zu den Themen "Mehrstaatigkeit' und "Optionskinder" unterrichtet.

Dr. Amir Hadeed von der Arbeitsgemeinschaft MigrantInnen und Flüchtlinge Niedersachsen e.V. bemerkte hierzu folgendes: 'Es ist festzustellen, das das Gesetz realitätsfern ist - das ist kein modernes Gesetz". Hadeed beklagte, dass der Ermessenspielraum der Behörden enorm sei und das der politische Diskurs "weiterhin emotional und ideologisch" geführt werde und das zu erwartende Gesetz gesellschaftspolitisch eigentlich keinen Sinn ergäbe: "Das ist ein rassistisches Gesetz! Also ein Gesetz, die praktisch zwischen Menschen nur auf der Grund ihrer Hautfarbe oder auf ihrer Herkunft oder politische Zusammenhänge zwischen Menschen unterscheidet, es ist ein rassistsiches Gesetz, das müssen wir festhalten."

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Hadeed führte weiter aus: "Und deswegen denke ich, dass es der Niedersachsen, wir auch jetzt als Kommission, sollen wir weiter festhalten an diese Forderung, dass es der Mehrstaatlichkeit vom Grund her zu ermöglichen und das der Optionsrecht trotz der gutes Wille da nach diesem Vorschlag einen Kompromiss zu finden, eigentlich die Vergangenheit gehört." Die Vorsitzende des Ausschusses Filiz Polat (GRÜNE) begegnete Hadeed darauf "Feststellungen für die Kommission können wir nur per Beschluß machen" und ergänzte für das Protokoll: "Sie haben jetzt für Ihren Verband gesprochen".

Ebenfalls für das Protokoll teilte Frau Nariman Hammouti vom Verein Deutscher.Soldat e.V. mit, das sie geheiratet habe und jetzt Reinke heiße. Insoweit solle man sich, so Frau Reinke weiter, keine Gedanken machen, wenn es mit dem Namen noch etwas holprig sei; auf Nachfrage konnte sie sich an ihre Hochzeit aber gut erinnern, denn sie habe fünf Brillianten als Hochzeitsgeschenk erhalten.

Die Vorsitzende der Härtefallkommission, Frau Anke Breusing, unterrichtete den Ausschuß von ihrer Arbeit und teilte mit, dass die neue Internetseite unter www.hfk.niedersachsen.de in Betrieb gegangen sei. Die Härtefallkommission bestehe aus 9 stimmberechtigten Mitgliedern, die alle ehrenamtlich und aktuell noch bis 2015 berufen sind. Sie handele im Auftrag nach (Präambel NHärteKVO). Breusing berichtete, dass Härtefallverfahren nachrangig sind, also erst dann in Betracht kämen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Eingaben könne jeder machen, formlos. Danach werde die Ausländerbehörde informiert, damit diese zunächst abwartet und mögliche Maßnahmen aussetzt. Es erfolge dann die Prüfung von sog. Nichtannahmegründen und ob Erkenntniss über Straftaten vorlägen. Dann entscheide meist das Vorprüfungsgremium, dass aus 2 Personen und dem Vorsitzenden besteht. Wenn nur ein Mitglied den Vorgang beraten haben möchte, dann gilt dieEingabe als angenommen.

Ganz entscheidend bei einer Eingabe sei eine gute Begründung, denn oft würden Eingaben abgelehnt, da sie schlecht begründet seien, so z. B. Zielstaatsbegründungen, die eher im Asylverfahren (DEMO VERSION!) zu behandeln seien. Oft erfolge eine Ablehnung auch, weil die betreffende Person noch zu kurz in der BRD sei.

Frau Dr. Ayca Polat (Vertreterin der kommunalen Integrationsbeauftragten) fragte nach, ob es denn möglich sei, dass ein Ersuchen noch einmal eingereicht werden könne, auch wenn der Ersuchende beim ersten Mal die Unterlagen nicht an die Härtefallkommission zurückgesendet oder Monate zu spät eingesendet hat und erkundigte sich weiterhin, ob es möglich sei, eine weitere Begründung nachzureichen, auch wenn schon eine formale Ablehnung erfolgt sei. Frau Breusing bestätigte, das dies möglich sei auch wenn schon eine Ablehnung erfolgte; insbesondere auch, wenn ein paar Monate später noch eine gute Begründung nachgereicht wird: "Dann wird die auch angenommen!"

Die Härtefallkommission käme derzeit ca. 1 bis 2 mal monatlich zusammen, wobei aktuell durchschnittlich 10 Fälle behandelt würden. Entscheidungen würden in geheimer Abstimmung gefällt, es gäbe aber jedoch viele einstimmige Ergebnisse. Danach werde das jeweilige Härtefallersuchen an an das Ministerium gestellt. Bisher sei nur ein einziger Ablehnungsfall des Ministeriums bekannt, alle anderen wurden angenommen; oft würden Annahmen auch unter Auflagen erfolgen.

Die Merkblätter, die herausgegeben werden, seien übrigens übersetzt z. B. in die englische, russische, türkische, kurdische, serbische und arabische Sprache.

Die Zahlen der Eingaben würden häufig steigen:

2011: 116
2012: 437
2013: 556
2014: 531 (Stand 31.08.2014)

Dabei lägen die Feststellungen von Nichtannahmegründen nach ihrem Eindruck unter 10%. Da es sich um absoulte Zahlen handele, wisse man nicht, wieviel davon abgelehnt werden.

Man sei im Ausblick sehr bemüht, z. B. die Verfahrensdauer zu beschleunigen, eine stärke Transparenz sowie eine bessere Kommunikation zu betreiben: "Wir haben unseren Telefonkontakt glaube ich vertausendfacht", so Frau Breusing, "und fragen jetzt immer E-Mail und Telefonnummer mit ab!"

Ansonsten erarbeite sich die Härtefallkommission gerade eine Geschäftsordnung und wolle "unsere Arbeit zugunsten der Ausländer in Niedersachsen forsetzen.", so Frau Breusing. Mithin wäre es eine schöne Entlastung, wenn die Bundesregierung ein Bleiberecht einrichten würde.

Die häufigsten Länder seien auf Nachfrage von Frau Dr. Ayca Polat (Vertreterin der kommunalen Integrationsbeauftragten) zum Großteil die Westbalkanländer, Serbien Kosovo und Mazedoninen sowie die Türkei und Irak - insgesamt seien es fast 50 verschiedene Herkunftsländer.

Herr Dündar Kelloglu, Hannover, kritisierte bürokratische Hürden, bemängelte insbesondere die jahrelange Duldung von Menschen, die keinen Status haben

Auf Nachfrage des Abgeordneten Dr. Christos Pantazis (SPD) teilte Frau Breusing mit, dass Ersuchende sich zwar online Formualare herunterladen, aber keinen Onlineantrag stellen könnten, da immer eine Original-Unterschrift benötigt würde. Eine wiederholte schriftliche Belehrung sei festgeschrieben, die Amtssprache sei Deutsch, aber der Flyer sei ja Bestandteil der Belehrung, so dass Ersuchende immer die Möglichkeit haben, sich z. B. von Freunden, Bekannten und dgl.. helfen zu lassen.

Herr Abayomi O. Bankole (Afrikanischer Dachverband Norddeutschland e.V.) erkundigte sich nach der Definition 'Aufenthaltszeit', die Frau Breusing mit "wenigen Monaten und ca. 3 bis 6 Monate bezifferte.

In Tagesordnungspunkt 2 berichtete Frau Ortmann für die Landesregierung, das grundsätzlich über allem die Vermeidung einer Mehrstaatlichkeit stehe. 2013 habe es ingesamt 8.216 Einbürgerungen in Nds. hierzu gegeben, seit 2010 blieben die Zahlen jedoch ungefähr gleich. Frau Ortmann berichtete über den ihr vorliegenden Gesetzentwurf, der am 19.09.2014 den Bundesrat passieren würde. Es wäre ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz, in dem die fälschlicherweise seinerzeit mit aufgenommenen EU-Staatsbürger wieder herausgenommen würden und 90% der Optionspflicht herausgenommen seien: "Wir hätten uns die ganze abschaffung der Optionspflicht gewünscht"; dies wäre aber aufgrund des Koaltionspartners nicht möglich. Im November könnte das Gesetz voraussichtlich in Kraft treten.

Herr Dündar Kelloglu kritsierte nochmals die Unmutbarkeit der Ausbürgerung und beklagte, dass z. B. viele ausländische Eltern hier geborener kinder vergessen hätten, ihre Kinder im Herkunftsland zu registrieren und dann hier so lange auf die deutschen Behörden warten müssten: "Ich habe den Eindruck, dass von den Behörden viel mehr gemacht werden kann!" Frau Ortmann relativierte und gab zu bedenken, dass man seine Pass- und Personenstandsdinge beim Herkunftsstaat nunmal ordnungsgemäß regeln müsse.

Es wurde weitergehend diskutiert, Herr Habib Eslami (MigrantenElternNetzwerk Niedersachsen teilte mit, das er noch vieles diskrimirend findet und man bei den Forderungen bleiben solle. Dr. Christos Pantazis (SPD) antwortete: "Ich oute mich mal: ich bin auch EU-Bürger. Ich bin auch Deutscher durch Verwaltungsakt und nicht durch Geburt und ich bleibe meiner Aussage, 'es werden weiterhin 4.000 in Geiselhaft genommen'.

Herr Abayomi O. Bankole (Afrikanischer Dachverband Norddeutschland e.V.) war der Auffassung, das man hier immer noch gegen das Grundgesetz verstoße, nach dem alle Menschen vor dem Gesetz gleich seien.

Unter dem Tagesordnungspunkt 3 SONSTIGES bat Herr Habib Eslami (MigrantenElternNetzwerk Niedersachsen darum, dass das Innenministerum und der Verfassungsschutz zur nächsten Ausschußsitzung zur Situation 'Ilamischer Staat" berichten möge. Die Vorsitzende Filiz Polat bemerkte dazu, dass auf der nächsten Sitzung der Haushalt im Fokus stehen würde und eigentlich keine Zeit dafür wäre; vielleicht in der übernächsten Sitzung.

Desweiteren hätte sie erst lediglich von der Hälfte der Kommissionsmitglieder zu sammelnde Themenvorschläge bekommen und bat darum, dies bis zum nächsten Mal nachzuholen: "Unsere Belange haben immer schwer Einfluß genommen auf den Haushalt - und das ist nicht wenig, was wir hier zu beraten haben."

Abschließend wurde noch über das Flüchtlings-Protest-Camp am Weißekreuzplatz gesprochen. Hierzu berichtete die Vorsitzende Filiz Polat, das sie selbst dort teilgenommen habe. Frau Nariman Reinke (vormals Hammouti, Verein Deutscher.Soldat e.V.): "Ich war erst vorhin da und habe einen Forderungskatalog mitgenommen: Ich kann mich immer noch nicht dran gewöhnen!". Der Abgeordnete Dr. Christos Pantazis (SPD) bemerkte dazu: "Meines Wissens hat Niedersachsen sehr wohl Eingriffsmöglichkeiten und Möglichkeiten, den Flüchtlingen entgegenzukommen" und verwies auf § 23. Die Vorsitzende Filiz Polat teilte abschließend mit, das sie den Forderungskatalog der Flüchtlinge vom Weißekreuzplatz an das Innenministerium weiterreichen will.



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