Niedersachsen: Schluss mit verdeckter Parteienfinanzierung?

2. Juni 2015
von rundblick

Der Landesrechnungshof hat sich in seiner jetzt veröffentlichten Denkschrift zum Haus-haltsjahr 2013 kritisch mit der bisherigen Förderung der politischen Jugendbildung aus Landesmitteln auseinandergesetzt und grundsätzliche Bedenken dagegen angemeldet.

Die Unterstützung der Jugendorganisationen von CDU, SPD, FDP und Grünen hat sich nach Erkenntnissen der Prüfer in den Jahren 2010 bis 2013 nicht am tatsächlichen Bedarf orientiert. Entgegen den Richtlinien seien vom Land Maßnahmen gefördert worden, die nachweislich der parteiinternen Schulung gedient hätten.

Das eigentliche Ziel, junge Menschen für eine aktive, nachhaltige Mitarbeit an gesellschaftspolitischen Entwicklungen und demokratischen Prozessen zu gewinnen, habe keine besondere Beachtung gefunden. Die Notwendigkeit dieser Zuschüsse gehöre grundsätzlich auf den Prüfstand; zudem müsse die Frage beantwortet werden, ob damit das Verbot der Parteienfinanzierung unterlaufen werde, heißt es in dem Jahresbericht.

Von 2010 bis Ende des Jahres 2014 galt eine Richtlinie des Sozialministeriums, nach der das Land bzw. das Landessozialamt den überregional und landesweit wirkenden Jugendorganisationen oder -verbänden, die von einer im Landtag vertretenen demokratischen Partei als jeweils alleinige Jugendorganisation anerkannt wurden, Zuwendungen für Bildungsveranstal-tungen und besondere Einzelvorhaben gewährte. Dagegen hatte die Linksjugend „solid“ geklagt, die bis 2013 leer ausgegangen war, und im Frühjahr 2014 vor dem Verwaltungsgericht Hannover ein Urteil erwirkte, das die in Niedersachsen geltende Begrenzung von Zuwendungsempfängern als Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Grundgesetz bewertete und
dem Land aufgab, diesen Kreis neu zu bestimmen. Als Konsequenz daraus kann solid seit 2014 ebenfalls Förderung beanspruchen.

Der Landesrechnungshof stört sich aber auch daran, dass das Sozialministerium in den Jahren 2010 bis 2013 jeweils 180 000 Euro für die politische Jugendbildung einstellte, obwohl dem deutlich geringere Förderbeträge sowie erhebliche Rückzahlungen bzw. -forderungen gegenüberstanden. 2010 und 2011 flossen lediglich jeweils 102.000 Euro, im Jahr darauf nur rund 87 000 Euro und im Jahr 2013 nur noch 75.000 Euro in die politische Jugendbildung. Dies hätte zur Senkung dieses Etatpostens führen müssen, heißt es. Zudem führte die Verteilung der Haushaltsmittel nach Mitgliederzahlen der Jugendorganisationen dazu, dass die Junge Union und die Jusos regelmäßig Kontingente in Höhe von jeweils bis zu 65.500 Euro, die Jungen Liberalen und die Grüne Jugend jeweils bis zu 16.500 Euro pro Jahr bekamen. Die Mitgliederzahl sei aber zuwendungsrechtlich unerheblich, wendet die Hildesheimer Kontrollbehörde dagegen ein. Ungleichbehandlungen von Zuwendungsempfängern dürften auf diese Weise nicht entstehen.

Nach Plänen des Sozialministeriums wird die Förderung der politischen Jugendbildung in Niedersachsen zum 1. Januar 2016 auf eine neue Basis gestellt. Künftig sollen sämtliche „überregional, landesweit und dauerhaft wirkenden Jugendorganisationen oder Jugendverbände der politischen Jugendbildung aller ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen“ unterstützt werden, heißt es im aktuellen Richtlinienentwurf. Förderungsfähig wären danach Seminare, Lehrgänge oder ähnliche Veranstaltungen, Workshops, Veröffentlichungen, Exkursionen, Besichtigungen sowie Sonderveranstaltungen mit mindestens zehn Teilnehmern, die nicht der parteiinternen Schulung und der Parteienwerbung dienen. Geld würde es für projektbezogene Ausgaben wie Arbeitsmaterial, Veröffentlichungen, Raummiete, Verpflegung, Unterbringung, Referenten und allgemeine Verwaltungskosten geben. Die Bildungsangebote müssten öffentlich beworben werden, allen jungen Men-schen grundsätzlich zugänglich sein und mehrheitlich von Teilnehmenden aus Niedersachsen im Alter von 12 bis 27 Jahren besucht werden. Die Zuwendung würde künftig mindestens bei 17,50 EUR und maximal bei 33 Euro pro Tag und Teilnehmenden liegen. Zusätzlich könnten Zuschüsse zu Fahrtkosten gewährt werden. Der Etat soll aber auch in Zukunft 180.000 Euro pro Jahr umfassen.



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