Niedersächsische Kriminialstatistik 2015
Sinkende Zahlen von Opfern, Totschlägen und Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Jugendkriminalität, gleichzeitig mehr Morde, sexuelle Übergriffe insbesondere auf Kinder und Jugendliche, mehr Diebstähle, ausländerspezifische Straftaten und körperliche Angriffe auf Polizeibeamte sowie ein deutlicher Anstieg nichtdeutscher Tatverdächtiger, der Internetkriminalität und bei Wohnungseinbrüchen – das sind die Eckdaten der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2015, die Innenminister Boris Pistorius und Landespolizeipräsident Uwe Binias am 15.02.2016 in Hannover vorgestellt haben.
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Obwohl die Kriminalität im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2014 um 2,8 Prozent oder um 15.740 auf 568.470 Fälle gestiegen ist und die Aufklärungsquote mit 61,17 Prozent nur geringfügig über dem Wert des Vorjahres (60,61 Prozent) lag betonte der Innenminister, die Niedersachsen würden in einem sicheren Bundesland leben. Pistorius bewertete positiv, dass die Zahl der Opfer im Vergleich der vergangenen zehn Jahre mit knapp 94.000 einen Tiefststand erreicht habe. Allerdings ist die Zahl der weiblichen Opfer in diesem Zeitraum nur leicht von 38.947 auf 38.056 gesunken, während bei den männlichen Opfern ein starkes Minus von 62.015 auf 55.728 registriert wurde.
Der Innenminister führt die Zunahme der Kriminalität in Niedersachsen zwar „zu einem großen Teil“ auf sogenannte ausländerrechtliche Vergehen zurück. Insgesamt wurden Flüchtlinge im vergangenen Jahr 38.627 mal als Tatverdächtige registriert. Das waren 20.702 Fälle mehr als im Vorjahr. Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen stieg deutlich um 39 Prozent auf 64.220 an, während sich die Gesamtzahl nur um fünf Prozent auf 228.703 erhöhte. Dies sei aber weniger, als zu erwarten war, relativierte Pistorius. Denn die Zuwanderung von rund 100.000 Menschen im Jahr 2015 habe die Bevölkerung in Niedersachsen um mehr als ein Prozent anwachsen lassen.
Der oft diskutierte Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und Kriminalität habe nicht zu einem besonderen Anstieg der Gesamtzahlen geführt. Die weit überwiegende Mehrheit begehe keine Straftaten. Das würden auch die Erfahrungen an den Standorten der Erstaufnahmeeinrichtungen belegen, betonte der Innenminister.
Im Zusammenhang mit dem deutlichen Anstieg der Wohnungseinbrüche um 13,11 Prozent oder gut 1.900 auf insgesamt 16.575 Fälle bei gleichzeitigem Sinken der Aufklärungsquote von 24,59 auf 22,21 Prozent forderte Pistorius neben der notwendigen Polizeiarbeit den baulichen Schutz vor Einbrüchen weiter zu verbessern. Angesichts der hohen Rate von missglückten Einbruchsversuchen (40 Prozent) lohne sich der Einsatz geeigneter Sicherungstechnik, betonte der Minister mit Blick auf Eigentümer und Mieter. Selbst mit doppelt so viel Polizeibeamten – derzeit seien es über 18.000 – würden Einbrüche passieren, antwortete er auf die Frage nach der Notwendigkeit, mehr Stellen zu schaffen.
Das sehen die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Landtagsopposition, aber auch die Kommunen anders. Gerade in den Bereichen, die die Polizei massiv fordere, wie Einbruchskriminalität, Körperverletzung, Cyberkriminalität, Erschleichen von Leistungen (Schwarzfahren), Kinderpornografie, unerlaubte Einreise und Aufenthalt, seien die Fallzahlen gestiegen, obwohl die Polizeibeamten hohes Engagement und Krafteinsatz zeigten. Hier müsse dringend mit Verstärkung für Entlastung gesorgt werden, verlangte GdP-Landeschef Dietmar Schilff am Montag erneut.
Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Marco Trips, sieht ebenfalls Bedarf für eine „deutliche Aufstockung“ bei der Polizei. Er fordert landesweit zusätzliche 3.000 Stellen bis zum Jahr 2020, um die ca. 1,5 Millionen Überstunden der Beamten abzubauen sowie die mit der Zuwanderung wachsenden Aufgaben meistern zu können. Die Polizei müsse nicht nur in den Großstädten, sondern auch auf dem Land gestärkt werden. Seit Jahren fehlten Dorfpolizisten und Kontaktbeamte. Es werde eindeutig zu wenig getan, um eine angemessene Polizeipräsenz im ländlichen Raum sicherzustellen, beklagte Trips.
Die innenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Angelika Jahns, sieht sich durch die Kriminalstatistik in der Forderung nach 1.000 zusätzlichen Polizisten bestätigt. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jan-Christoph Oetjen, warf der rot-grünen Landesregierung am Montag „Untätigkeit“ bei der Bekämpfung von Einbruchskriminalität vor und forderte ebenfalls erneut 1.000 zusätzliche Anwärterstellen bis 2018.
Innenminister Boris Pistorius (SPD):
"Unerlaubte Einreisen? Das trifft im Grunde auf jeden Asylbewerber zu."
Landespolizeipräsident Uwe Binias:
"Ausspähen von Daten und Datendiebstahl haben eine extrem hohe Dunkelziffer. Wahrscheinlich sind hier nur 1% abgebildet."
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